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Anforderungen verwalten

Anforderungen verwalten

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Inhalte dieser Lerneinheit

  • Zweck und Definition von Attributierungsschemata kennen

  • Wichtige Attributtypen für Anforderungen kennen

  • Sichten auf Anforderungen können und anwenden

  • Vorgehen zur Priorisierung von Anforderungen kennen

  • Techniken zur Priorisierung von Anforderungen können und anwenden

  • Nutzen der Verfolgbarkeit von Anforderungen kennen

  • Klassen von Verfolgbarkeitsbeziehungen können und anwenden

  • Repräsentationsformen von Verfolgbarkeitsbeziehungen können und anwenden

  • Die Versionierung von Anforderungen können und anwenden

  • Die Bildung von Anforderungskonfigurationen können und anwenden

  • Die Bildung von Anforderungsbasislinien können und anwenden

  • Die Bedeutung von Anforderungsänderungen kennen

  • Aufgaben und Vertreter des Change-Control-Board kennen

  • Aufbau eines Änderungsantrages für Anforderungen können und anwenden

  • Klassen von Änderungsanträgen können und anwenden

  • Vorgehen zur Bearbeitung von Änderungsanträgen können und anwenden

  • Die Wichtigkeit von Anforderungsmessung kennen.

Attributierung von Anforderungen

Um die Anforderungen an ein System über den gesamten Lebenszyklus des Systems hinweg verwalten zu können, ist es notwendig, die Informationen zur Anforderung als Attribute möglichst strukturiert zu erfassen. Die Definition der Attributstruktur für Anforderungen erfolgt über ein Attributierungsschema, das entweder tabellarisch oder in Form eines Informationsmodells definiert werden kann.

Typische Attribute sind:

  • Identifikator

  • Name

  • Beschreibung

  • Quelle

  • Stabilität

  • Risiko

  • Priorität

Die "rechtliche Verbindlichkeit" kann ebenfalls anhand eines Attributes als zusätzliche Information zur Anforderung gespeichert werden.

Attributierungsschemata werden dabei häufig projektspezifisch auf Basis bestimmter Rahmen-bedingungen definiert bzw. angepasst. Hierzu gehören:

  • Spezifische Merkmale des Projekts 

  • Vorgaben seitens des Unternehmens

  • Vorschriften des Anwendungsgebiets

  • Randbedingungen des Entwicklungsprozesses

Sichten auf Anforderungen

In der Praxis zeigt sich, dass die Anzahl der Anforderungen in Projekten und die Zahl der Abhängigkeiten zwischen diesen Anforderungen stets steigen. Um die Komplexität der Anford-erungsbasis für die einzelnen Projektmitarbeiter beherrschbar zu halten, ist daher der reduzierte Zugriff und somit das Filtern von Anforderungen in Abhängigkeit von der Verwendung unerlässlich. Es werden zwei Ausprägungsformen der Sichtenbildung unterschieden:

  • Selektive Sichten: Darstellung einer Teilmenge der Attributwerte von über definierte Selektionskriterien ausgewählten Anforderungen.

  • Verdichtende Sichten: Darstellung verdichteter Informationen zu den über definierte Selektionskriterien ausgewählten Anforderungen.

Priorisierung von Anforderungen

Anforderungen werden zu verschiedenen Zeitpunkten in verschiedenen Aktivitäten nach unter-schiedlichen Kriterien priorisiert. Die Vorbereitung der Priorisierung von Anforderungen basiert auf einer einfachen Systematik:

  • Bestimmung der Ziele und Randbedingungen der Priorisierung

  • Bestimmung der Priorisierungskriterien

  • Bestimmung der relevanten Stakeholder

  • Auswahl der zu priorisierenden Artefakte

Auf Grundlage dieser Festlegungen werden dann eine oder mehrere Techniken zur Priorisierung ausgewählt und die eigentliche Priorisierung durchgeführt. Zu den Priorisierungstechniken zählen:

  • Ranking und Top-Ten-Technik 

  • Ein-Kriterium-Klassifikation

  • Kano-Klassifikation

  • Wiegers’sche Priorisierungsmatrix

Verfolgbarkeit von Anforderungen

Im Rahmen der Verwaltung von Anforderungen werden Verfolgbarkeitsinformationen von Anforderungen aufgezeichnet, organisiert und gepflegt.

Der Nutzen der Verfolgbarkeit von Anforderungen bezieht sich auf:

  • Vereinfachung der Nachweisbarkeit

  • Identifikation von unnötigen Eigenschaften im System

  • Identifikation von unnötigen Anforderungen

  • Unterstützung der Auswirkungsanalyse

  • Unterstützung der Wiederverwendung

  • Unterstützung der Festlegung der Zurechenbarkeit

  • Unterstützung der Wartung und Pflege

Hinsichtlich der Verfolgbarkeitsbeziehungen von Anforderungen werden drei Klassen von Verfolgbarkeitsbeziehungen unterschieden:

  • Pre-Requirements-Specification-Traceability

  • Post-Requirements-Specification-Traceability

  • Traceability zwischen Anforderungen

Es sollten nur solche Informationen aufgezeichnet werden, für die eine klare Verwendung existiert. Die Verfolgbarkeitsinformationen von Anforderungen können unterschiedlich repräsentiert werden. Typische Repräsentationsformen sind:

  • Textuelle Referenzen und Hyperlinks

  • Verfolgbarkeitsmatrizen

  • Verfolgbarkeitsgraphen

Versionierung von Anforderungen

Die Versionierung und Konfiguration von Anforderungen ermöglicht es, über den Lebenszyklus eines Systems oder Produktes hinweg, spezifische Entwicklungsstände von Anforderungen und Anforderungsdokumenten verfügbar zu halten. Die Versionsnummer einer Anforderung besitzt dabei mindestens zwei Bestandteile:

  • Version

  • Inkrement

Eine Anforderungskonfiguration fasst eine definierte Menge logisch zusammengehöriger Anforderungen zusammen, wobei jede Anforderung maximal in einer Version in der Anforderungskonfiguration enthalten ist. Die Bildung von Anforderungskonfigurationen wird dabei entlang zweier Dimensionen definiert:

  • Produktdimension: die einzelnen Anforderungen der Anforderungsbasis

  • Versionsdimension: die verschiedenen Versionsstände einer Anforderung

Anforderungskonfigurationen besitzen einige typische Eigenschaften:

  • sachlogischer Zusammenhang der Anforderungen einer Konfiguration

  • Konsistenz der Anforderungen innerhalb der Anforderungskonfiguration

  • Eindeutiger Identifikator der Anforderungskonfiguration

  • Unveränderbarkeit der Anforderungen innerhalb der Anforderungskonfiguration

  • Grundlage für das Rücksetzen auf frühere Versionen der Anforderungsbasis

Anforderungsbasislinien sind ausgezeichnete Anforderungskonfigurationen, die stabile Versionen von Anforderungen umfassen und oftmals auch Auslieferungsstufen des Systems (Systemreleases) definieren.

Verwaltung von Anforderungen

Über den gesamten Lebenszyklus eines Systems hinweg verändern sich die Anforderungen. Die Änderungen an den Anforderungen werden in einem systematischen Änderungsmanagementprozess verwaltet und bearbeitet. In diesem Änderungsmanagementprozess ist das Change-Control-Board für die Bearbeitung eingehender Änderungsanträge verantwortlich. Die Aufgaben des Change-Control-Boards sind:

  • Klassifikation eingehender Änderungsanträge

  • Bestimmung des Aufwands einer Änderung

  • Beurteilung der Änderungsanträge hinsichtlich Aufwand/Nutzen

  • Definition neuer Anforderungen auf Basis eingehender Änderungsanträge

  • Entscheidung über Annahme oder Ablehnung eines Änderungsantrags

  • Priorisierung der angenommenen Änderungsanträge

  • Zuordnung der Änderungen zu Änderungsprojekten

Typische Vertreter im Change-Control-Board sind Änderungsmanager, Auftraggeber, Architekt, Nutzervertreter, Qualitätsbeauftragter und Anforderungsingenieur.

Für notwendig erachtete Änderungen von Anforderungen werden in Form von Änderungsanträgen dokumentiert und an das Change-Control-Board übermittelt. Ein Änderungsantrag umfasst dabei mindestens die folgenden Informationen:

  • Identifikator des Änderungsantrags

  • Titel des Änderungsantrags

  • Beschreibung der notwendigen Änderung

  • Begründung für die Notwendigkeit der Änderung

  • Datum der Beantragung

  • Antragssteller

  • Priorität der Änderung aus Sicht des Antragsstellers.

Es gibt drei Arten von Änderungsanträgen:

  • Korrektive Änderungen

  • Adaptive Änderungen

  • Ausnahmeänderungen.

Das Vorgehen des Änderungsmanagement sieht folgende Tätigkeiten vor:

  • Auswirkungsanalyse und Beurteilung des Änderung

  • Priorisierung der Anforderungsänderung

  • Zuordnung der Änderung zu einem Änderungsprojekt

  • Kommunikation der Annahme/Ablehnung des Änderungsantrags

Anforderungsmessung

Die Qualität von Anforderungsdokumenten kann anhand von Information aus Anforderungsvalidierung und –verwaltung, wie z.B. Fehler, Attribute, Verfolgbarkeitsbeziehungen oder Änderungen, analysiert werden. Darauf aufbauend können Verbesserungen identifiziert werden. Typische Messdaten sind

  • Änderungsraten von Anforderungen

  • Fehler in Anforderungen

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