Kurzanwendungsfälle: Auftrag und Werkvertrag
Fall 9: Spezialchirurg S hat seine eigene Praxis, in der er nur in seinem Spezialgebiet – der Thoraxchirurgie – operiert und behandelt. Er nimmt nur Patienten, die von Spitälern an ihn verwiesen werden und nennt sich selber «den Allerbesten der Besten». Patient P wird S zugewiesen und hat seine Operation nächste Woche. Er hat eine Brustwanddeformität und will diese endlich gerichtet haben. S meinte, das sei für ihn ein Routineeingriff und werde ein Kinderspiel. P hat diverse rechtliche Weiterbildungen hinter sich und erinnert sich dunkel an die Theorie zum Auftrag und zum Werkvertrag.
Welches zentrale Merkmal unterscheidet den Auftrag und den Werkvertrag voneinander? Hat P mit S einen Auftrag oder einen Werkvertrag?
Fall 10.1: Tischliebhaber T will einen neuen, selbst designten Verandatisch aus Kirschbaumholz. Er beauftragt damit den Schreiner S, der ihm anbietet, den Tisch für CHF 2’000.00 zu erstellen. T ist damit einverstanden. S teilt seinem besten Mitarbeiter noch am gleichen Tag mit:
«Beeil Dich, ich habe einen neuen Auftrag für einen Tisch aus Kirschbaumholz an Land gezogen.»
Liegt hier ein Werkvertrag oder ein Auftrag vor?
Fall 10.2: S liefert dem T den Tisch nach drei Wochen. T ist begeistert und bezahlt sogleich bar auf die Hand und lässt sich das quittieren. Nur zwei Tage später bricht der Tisch in der Mitte auf. Anscheinend hat es bei den Endarbeiten einen Spalt in der Tischplatte gegeben, den T bei der Abnahme des Tisches nicht bemerkt hat. Durch die Benützung des Tisches sprang der Spalt auf und zerbarst die Tischplatte.
T will, dass S ihm ohne Kostenverrechnung einen neuen Tisch anfertigt. Kann T das verlangen? Begründen Sie Ihre Antwort.
Fall 11: Arbeitnehmer A wird gekündigt, aus seinen Augen ungerechtfertigt. Er geht zu Rechtsanwalt R und beauftragt diesen, «das Geld, das mir zusteht, einzuklagen und herauszuholen».
Liegt hier ein Auftrag oder ein Werkvertrag vor?
A und R sprechen an der Erstbesprechung nicht über das Entgelt.
Ist eine Vergütung geschuldet oder nicht?
Fall 12: A sagt R, dass dieser niemals auf aussergerichtliche Angebote des Arbeitgebers eingehen solle. R müsse unbedingt das Maximum herausholen: «Das sind alles Abzockerangebote, glauben Sie mir.» Nach Klageeinreichung gelangt ein Angebot des Arbeitgebers ein, das R an A weiterleitet mit der Bitte, A solle rückmelden, ob er mit diesem Angebot einverstanden sei. A ist so erbost darüber, dass R ihm das Angebot weitergeleitet hat, dass er ihm «per sofort kündigt».
Ist dies rechtlich möglich? Begründen Sie.